Der Agile Maschinenbau

Matthias Mohme • Feb. 27, 2020

Über Sinn und Unsinn Agiler Praktiken und mehr Innovation im Maschinenbau

KOPFSTARK begleitet die Handtmann Maschinenfabrik aus Biberach auf ihrem Weg, Projekte und Teamarbeit neu zu denken. Wir haben mit Marcel Nusser, Entwicklungsingenieur und Projektleiter, über die Themen Agilität und Innovation gesprochen. Viel Spaß beim Lesen.

KOPFSTARK: Hallo Marcel, magst Du Dich unseren Lesern kurz vorstellen? Wer bist Du und was machst Du?
Marcel: Hallo, ja klar, ich bin seit über 10 Jahren bei der Firma Handtmann als Entwicklungsingenieur und seit kurzem auch als Projektleiter tätig. Darunter fallen dann viele Themen wie Funktionsdesign, Engineering und Simulation aber auch die Themen Planung, Organisation, Controlling, Team-Kommunikation, …

KOPFSTARK: Wir beide haben uns beim internen Innovationsmanagement Workshop kennengelernt. Was war für Dich bzw. die Firma Handtmann der Ausgangspunkt, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?
Marcel: Ja das ist jetzt knapp ein halbes Jahr her. Ich habe schon einige Workshops und Seminare besucht, allerdings noch nie gemeinsam mit einem gesamten Entwicklungsteam. Mit dem Ergebnis: theoretisch ist das Wissen da, das Ganze dann bei der täglichen Arbeit in der Breite auf den Boden zu bringen fiel dann doch manches Mal schwer. Da wir kürzlich frisch mit einem neuen Entwicklungsprojekt gestartet sind, hat es sich einfach angeboten als gesamtes Team neue Methoden zu erlernen und unsere Werkzeuge zu schärfen. Gerade der empathische, kundennahe Design Thinking Ansatz hat das Team und mich sehr angesprochen. So kam der Wunsch auf, den Ansatz außerhalb des gewohnten Umfelds in der Praxis unter professioneller Anleitung kennenzulernen und nebenbei auch etwas Spaß zu haben und dabei Teambuilding zu betreiben. Auch unsere Chefs konnten sich mit dem „Ausprobieren“ von Neuem sehr gut identifizieren und haben hier den Weg geebnet.

KOPFSTARK: Ich erinnere mich noch gut an unsere zwei Tage! Wir haben in einem Tag einen „Videoprototypen“ gebaut. Erzähl unseren Lesern ein bisschen mehr zu diesem Konzept. Wozu war das nützlich?
Marcel: Ja, den habe ich sogar noch auf meinem Handy – erstaunlich wie kreativ wir in so kurzer Zeit waren. Das Konzept war bestechend einfach: anhand eines konkreten Kunden (Persona) und deren Sichtweisen, Gefühlen und Innenansichten (Empathy Map) die Anforderungen und neue Ideen in der Gruppe als Teamwork herzuleiten und direkt in simplen Prototypen, in diesem Fall einem einminütigen Video, zu testen. Wir hatten uns vorab einige Themen überlegt, die wir bearbeiten könnten. Am Anfang war nicht so recht klar wie wir dabei einen Nutzen generieren würden. Natürlich wollten die Techniker ein Konstruktions-Thema bearbeiten – was dann nicht umgesetzt wurde und so kam das Thema Zusammenarbeit auf den Plan. Mit dem Ergebnis, dass es doch toll für „Susi“ wäre, ein System zu haben in dem sie Informationen hochaktuell und visuell teilen kann und nach einer kurzen Abwesenheit den Einstieg leichter schafft, zeitgemäß mit Like-Funktion. Und siehe da: heute haben wir ein solches System: Microsoft Teams.

KOPFSTARK : Personas, Empathy Map, Brainstorming, Interviews, Retrospektiven…. Hand aufs Herz: Was ist davon im Alltag übrig geblieben?
Marcel: Ich würde sagen, da ich alle Begriffe noch verstehe und erklären kann, bedeutet das schon was. Wir nutzen die einzelnen Elemente, je nach Bedarf, vielleicht hier und da in angepasster Form und spezieller Ausrichtung, bei Workshops und in unserer täglichen Arbeit. Schön ist es zu beobachten, dass das Team durch die enge Verzahnung und häufigere Kommunikation gut zusammenwächst, neue Kollegen viele Inputs bekommen und eine positive Feedbackkultur entsteht.

KOPFSTARK: Mittlerweile kreuzen sich unsere Wege auch beim Thema „Agiles Projektmanagement“ im Hause Handtmann. Was war hier der Ausgangspunkt, sich diesem Thema zu nähern?
Marcel: Es war nochmal notwendig das große Ganze aufzuzeigen und neben den Methoden auch den Prozess zu diskutieren, wie wir Innovationen in kürzeren Iterationen entwickeln wollen. Grundlage dafür ist es, die agilen Werte und Prinzipien zu verstehen, zu verinnerlichen, damit diese uns bei der Erledigung von Arbeiten und bei der Entscheidungsfindung unterstützen. Außerdem wollten wir noch mehr über Praktiken lernen, wie Kanban oder SCRUM. Gleichzeitig ist es wichtig dafür zu sorgen, dass das Verständnis in der Breite da ist. Vor allem auch, dass der „Sinn dahinter“ klar wird und es nicht um einen kurzfristigen Aktionismus geht. Das Individuum, das Team, den Kunden in den Mittelpunkt stellen, Selbstorganisation und Commitment der Teams, Transparenz und natürlich technische Exzellenz. Iterativ vorzugehen heißt nicht stümperhafte Produkte abzuliefern, die erst „beim Kunden reifen“, sondern Produkte mit stetig wachsendem Umfang an Möglichkeiten und Wert an den Markt zu bringen – die dann aber erstklassig funktionieren und getestet sind. Mit diesen Gedanken ist nun jedes Team in der Lage, sich einen Weg zu suchen, der zum Team und zur Aufgabe passt.

KOPFSTARK: Begriffe wie „Agile“ oder „Scrum“ sind in aller Munde und werden häufig mit der Software-Welt in Verbindung gebracht. Agile in der Hardware Entwicklung? Kann das gehen?
Marcel: Ehrlich gesagt sehe ich hier mehrere Aspekte. Es gibt viele Aufgaben der Produktentwicklung, die sehr agil bearbeitet werden können, ideal in Abstimmung mit Kunden. Dies gilt insbesondere bei Vorentwicklungen und Funktionsentwicklungen, in frühen Projektphasen und auch bei kundenspezifischen Entwicklungen. Unterstützt durch Software, Simulation, Additive Manufacturing oder auch speziell über die handwerkliche Herstellung von Prototypen können wertvolle Lösungen schnell und kostengünstig iteriert werden. Sobald es in die „große“ Supply Chain geht und wir über weltweite Auslieferungen und Serien sprechen, stehen wir zum Teil noch vor größeren Hürden.

KOPFSTARK: Mal angenommen, wir würden eine Retrospektive über die letzten 8 Wochen machen… Was wären Deine Post-it´s, die Du schreiben würdest?



Gut läuft            

Verbessern möchte ich              

Ein „Danke“ geht an

Transparenz der Arbeiten am Kanban-Board

Turnusmäßige Reviews, Plannings und Retrospektiven

Kommunikation im Team

Frühzeitige Einbindung aller Entwicklungsbereiche





Festigung der Rollen innerhalb des Teams

Noch mehr Elemente aus dem SCRUM Framework austesten

Erfahrungsaustausch über die Organisation hinweg und darüber hinaus


Mein Team für die harmonische und wertschaffende Zusammenarbeit

Die anderen Entwicklungsteams, die sich offen und interessiert den Veränderungen stellen

Natürlich Matthias und Kopfstark für die tollen Impulse und erstklassigen Workshops

Meinen Chefs Manfred und Martin für das „Möglichmachen“, Ihre Geduld und den vorwärts gerichteten Innovationsgeist

Sowie an die Personalentwicklung, besonders Anja und Tanja



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